Rock/Pürsün/Dr. Naas: Mit mehr Mut und Konzepten aus dem Lockdown

Hessen kann auf dem Weg aus dem Lockdown mutiger sein, als es die Landesregierung mit ihrem gestern vorgestellten Perspektivplan ist: Das ist die Überzeugung der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, die sich ihrerseits Gedanken über mögliche Lockerungen gemacht haben und einen echten Strategiewechsel zur Pandemie-Bewältigung fordern. „Was der Ministerpräsident und sein Stellvertreter gestern präsentiert haben, war allenfalls ein Strategiewechsel light“, kritisiert Fraktionsvorsitzender René ROCK. „Zur Inzidenz wurden noch eine Reihe von Kriterien hinzugenommen, damit man die von 35 wieder auf 50 gesetzte Inzidenz begründen kann. Nach einem Jahr wird die Pandemie noch immer mit den gleichen Methoden bekämpft, anstatt das Impfen, gerade von Altenheimbewohnern, und die Möglichkeit von Tests mit einzubeziehen. Gerade jetzt, wo Selbsttests kommen, sollte das eine stärkere Rolle in der Betrachtung spielen. Wir Freie Demokraten setzen auf Konzepte und Risikoabschätzung statt Inzidenz, um schnellere Öffnungen und Lockerungen zu ermöglichen.“

Der Ministerpräsident sei gestern, offenbar unter dem Druck des grünen Koalitionspartners, in seinen Ausführungen hinter zuvor geweckten Erwartungen zurückgeblieben, kritisiert Rock. „Mitte der Woche wurde Volker Bouffier noch mit den Worten zitiert, die Leute hätten die Schnauze voll. Es ist sicher zutreffend, dass die Menschen pandemie- und lockdownmüde sind – und deshalb erwarten die Bürgerinnen und Bürger auch mehr als einen Plan, der unverbindlich bleibt und Daten mit dem Zusatz „gegebenenfalls“ versieht. Die Schritte sind für die Öffentlichkeit schwer nachvollziehbar und bleiben allein im Ermessen der Landesregierung“, kritisiert Rock. Wichtig sei, dass es direkt mit In-Kraft-Treten der neuen Verordnung am 8. März zu Lockerungen komme. „Für jeden Bereich von der Gastronomie bis zur Kultur müssen vorab Konzepte erstellt werden, die drei Punkte zwingend enthalten müssen: nämlich eine gesicherte Nachverfolgung – idealerweise per App –, Einhaltung der AHA-Regeln sowie technische Lösungen zur Reduzierung der Aerosole“, erklärt Rock.

Yanki PÜRSÜN, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion, hebt innovative Lösungen bei der Nachverfolgung hervor: „Die Inzidenz, an die sich die Landesregierung bislang geklammert hat, ist eine politische Größe. Wichtig ist vielmehr, dass Infektionen gezielt nachverfolgt werden können. Apps müssen dafür viel stärker eingesetzt werden, auch um die Arbeit der Gesundheitsämter zu unterstützen. Die Ämter können dann aufzeigen, wo das Infektionsgeschehen liegt – und wo gegebenenfalls Regeln verschärft oder im schlimmsten Fall Schließungen vorgenommen werden müssen.“

Der gesundheitspolitische Sprecher sieht darüber hinaus eine Chance in Selbst- und Schnelltests. „Für den Umgang mit Selbsttests muss es klare Vorgaben geben, die jeder verinnerlichen kann, so dass positiv getestete Bürger von sich aus Angaben zur Nachverfolgung machen und das Gesundheitsamt idealerweise digital informieren können.“ Pürsün fordert einen verbindlichen Einsatz von Schnelltests an risikoträchtigen Arbeitsstätten, aber vor allem in Kitas und Schulen: „Das Beispiel Österreich zeigt, dass Schnelltests eine schnellere Rückkehr zum Präsenzunterricht ermöglichen“, erklärt Pürsün. „Doch die Landesregierung erwägt in ihrem Plan einen Präsenzunterricht für alle Jahrgänge erst in einigen Monaten.“

Dr. Stefan NAAS, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion, erklärt das am Beispiel der Wirtschaft: „Für den stationären Einzelhandel kann der Schritt vom bereits praktizierten Click and Collect zu Click and Meet nur der kleine, erste Schritt auf dem Weg aus dem Lockdown sein. Liegt ein Konzept mit den erforderlichen Punkten vor, ist eine Öffnung mit einer Kunden-Obergrenze möglich, die sich wie im vergangenen Jahr an der Quadratmeter-Zahl orientiert. Dabei kann eine digitale Frequenzmessung helfen.“ Ebenso könnten nach Ansicht der Freien Demokraten bereits am 15. März Außen-Gastronomie und Aktivitäten im Außenbereich erlaubt werden, wenn die Nachverfolgung gesichert ist.

„Auch bei der Wirtschaftsförderung in Krisenzeiten ist ein Umdenken erforderlich“, fordert Naas. „Die Landesregierung sollte nicht mehr nur die Schließung unterstützen, sondern die Öffnung fördern. Sinnvoll wäre ein Programm für Investitionen in Lüftungsanlagen und Hygienekonzepte. Es ist doch sinnvoll, der Wirtschaft auf dem Weg zurück in die Normalität zu helfen. Wenn Unternehmer wieder ihr Metier ausüben und Geld verdienen können, ist das doch besser, als wenn der Staat für geschlossene Geschäfte zahlen muss“, verdeutlicht Naas.