FDP stellt sich gegen das Crack-Zentrum in der Niddastraße

Magistratsmitglieder Rinn und Sterzel weichen von Beschlusslage ab
In der heutigen Sitzung des Magistrats wurde die umstrittene Vorlage zur Einrichtung eines Crack-Konsumzentrums in der Niddastraße 76 beschlossen – trotz Ablehnung durch die FDP-Magistratsgruppe. Die FDP hatte die Vorlage entsprechend eines eindeutigen Beschlusses ihrer Mitgliederversammlung und aufgrund zahlreicher ungeklärter Fragen abgelehnt. Die Freien Demokraten nehmen zur Kenntnis, dass Ordnungsdezernentin Annette Rinn und das ehrenamtliche Magistratsmitglied Renate Sterzel gegen die klare Haltung der FDP gestimmt haben. Partei- und Fraktionsführung hatten im Vorfeld mit Rinn und Sterzel gesprochen, um einen gemeinsamen Weg zu finden.
Obwohl der Parteivorstand, der Fraktionsvorstand und Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst als Magistratsgruppensprecherin die Ablehnung der Vorlage durch die FDP frühzeitig und wiederholt kommuniziert hatten, entschloss sich Oberbürgermeister Mike Josef auf Drängen von Sozialdezernentin Elke Voitl, die Vorlage auf die Tagesordnung zu setzen. So nutzte Josef den gesetzlichen Mutterschutz aus, in dem sich Wüst bis einschließlich 14. Mai 2025 befand, um an diesem letztmöglichen Tag die Zustimmung ihrer Vertreterin Rinn einzuholen. Dr. Thorsten Lieb, Vorsitzender der FDP Frankfurt, sagt: „Ich sehe darin nicht nur einen eklatanten Bruch politischer Fairness, der eine Koalition prägen sollte, sondern auch ein unrühmliches Beispiel der Missachtung von Frauenrechten. Josefs Manöver zeigt, wie es um Frauenrechte in Frankfurt tatsächlich bestellt ist.“
Lieb weiter: „Damit ist das Crack-Konsumzentrum in der Niddastraße ab sofort untrennbar auch mit dem Namen Mike Josef verbunden und er macht sich zum Anwalt einer grünen Politik des „Weiter so“ ohne dass ein Gesamtkonzept auch nur ansatzweise erkennbar ist. Der Oberbürgermeister trägt die politische Verantwortung für ein Projekt, dessen Scheitern absehbar ist. Er wird sich gegenüber einer zunehmend kritischen Frankfurter Bürgerschaft und Wirtschaft für die Folgen verantworten müssen.“
Die FDP Frankfurt appelliert an die Fraktionen der Römerkoalition, die Vorlage in der Stadtverordnetenversammlung abzulehnen. Sie ist nicht entscheidungsreif, da zahlreiche Fragen offen sind. Über die 11,74 Mio. Euro hinaus, die Erwerb und Umbau der Immobilie kosten sollen, werden hohe Miet- und Betriebskosten in den kommenden Jahrzehnten entstehen, die bislang nicht bekannt sind. Da nur Frankfurter Drogensüchtige Hilfe erhalten sollen, wird sich eine Entlastung des Bahnhofsviertels nicht einstellen. Mit der Verkehrsberuhigung der Düsseldorfer Straße wird eine durchgehende Zone vom geplanten Crack-Zentrum bis ins Bahnhofsviertel entstehen, in der offener Drogenkonsum und Verelendung das Stadtbild prägen werden.
Lieb stellt dahingehend fest: „Stephanie Wüst hat dem Magistrat einen umfangreichen Fragenkatalog zukommen lassen, der ungeklärte Fragen von zentraler Bedeutung enthält. Er wurde im Magistrat ebenso wie durch Mike Josef ignoriert.“
Kritisch sehen die Freien Demokraten schließlich den Verstoß gegen den Koalitionsvertrag, den die nun im Magistrat verabschiedete Vorlage enthält.
Lieb: „Im Koalitionsvertrag ist eindeutig festgehalten, dass eine Lösung im Einklang mit Anwohnern, Arbeitnehmern und Gewerbetreibenden im Bahnhofsviertel zu suchen ist. Dies ist nicht erfolgt. Eigentümer wurden ebenso wie die bisherigen Mieter der Immobilie und andere Anlieger überrascht. Darüber hinaus wurde im Koalitionsvertrag fixiert, dass Einrichtungen für Cracksüchtige den Brückenschlag aus dem Bahnhofsviertel heraus ermöglichen sollen. Die jetzt gefundene Immobilie in unmittelbarer Nähe zum Bahnhofsviertel entspricht dieser Vorgabe nicht. Über die sensible Situation im Bahnhofsviertel haben wir häufig bei unseren Mitgliederversammlungen gesprochen. Ich hätte mir gewünscht, dass sich Annette Rinn dort in den vergangenen Jahren in die Debatte eingebracht und den Austausch gesucht hätte. Über etwaige Konsequenzen werden wir in den zuständigen Gremien sprechen.“