Den Messestandort Frankfurt in die Zukunft führen
Seit über 800 Jahren ist Frankfurt am Main ein führender Messestandort. Die verkehrsgünstige Lage mit exzellenter Erreichbarkeit zu Land, zu Wasser und mittlerweile auch zu Luft hat unsere Stadt zu einem international bedeutenden Drehkreuz gemacht. In Frankfurt begegnen Produzenten und Händler verarbeitenden Betrieben und Endverbrauchern aus aller Welt, um unterschiedlichste Waren und Dienstleistungen anzubieten. Dies hat der Stadt erheblichen Wohlstand beschert und sich in Kunst, Kultur und Selbstverständnis unserer Stadt niedergeschlagen. Daran hat sich bis heute nichts geändert; wie man nicht nur an der Buchmesse ablesen kann, die in diesem Jahr zum 75. Mal in die Messehallen einladen wird.
Dennoch musste sich der Messestandort im Verlauf seiner Geschichte immer wieder neu erfinden. Die Dippemess, eines der ältesten Volksfeste unseres Landes, ist ein Zeuge dieser Entwicklung: Gestartet als Marktplatz, auf dem Händler ihre Haushaltswaren und Töpfe (frankfurterisch „Dippe“) verkauften, entwickelte sie sich zu einem Treffpunkt mit Verkaufsbuden, Freizeitangeboten und Fahrgeschäften. Weltleitmessen wie die ISH, Automechanika, Heimtextil, Ambiente und Christmasworld sind Ergebnis des sogenannten „Frankfurter Prinzips“, das in der Nachkriegszeit des 20. Jahrhunderts den Trend zur Spezialisierung der Angebote prägte und weltweit Maßstäbe setzte.
Über 2.000 Mitarbeitende, 52.000 Aussteller und 3,3 Millionen Besucher machten die Messe Frankfurt im Jahr 2022 zur größten Messegesellschaft der Welt mit eigenem Gelände – und das trotz eines deutlichen Rückgangs infolge der Pandemie. 310 Veranstaltungen begeisterten Menschen auf allen Kontinenten. Auch am Heimatstandort in Frankfurt war die Internationalität auf den konzerneigenen Veranstaltungen bemerkenswert: 7 von 10 Ausstellern und 6 von 10 Facheinkäufern stammten aus dem Ausland.
Die Messe Frankfurt ist damit einer der größten Wirtschaftsmotoren der Region. Das Unternehmen und seine Veranstaltungen sorgen für einen sozioökonomischen Effekt in Höhe von 3,6 Milliarden Euro. Ton- und Lichttechniker, Stand- und Bühnenbauer, Elektriker, Spediteure, Gärtner und Floristen, Schildermaler, Köche, Gastwirte und Hotelbetreiber, Taxifahrer und viele weitere Fachkräfte, Gewerke sowie Dienstleister sorgen für einen reibungslosen Ablauf der anspruchsvollen Großveranstaltungen. Sie prägen damit das Gesicht unserer Stadt für Besucher aus Deutschland, Europa und dem Rest der Welt.
Auch im Ausland tritt die Messe als Botschafterin unserer Stadt und unseres Landes in Erscheinung. Im Sommer 2022 feierte das Unternehmen den 100. Jahrestag seiner ersten Auslandsvertretung. Heute ist die Messe Frankfurt in 190 Ländern vertreten und spannt mit 30 Tochtergesellschaften sowie rund 50 Sales Partnern ein in der deutschen Messelandschaft einzigartiges Netzwerk. Darüber hinaus öffnet sie als Durchführungsgesellschaft im Rahmen des Auslandsmesseprogramms der Bundesregierung („German Pavilions“) gemeinsam mit starken Partnern kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) aus Deutschland Zugang zu attraktiven Zielmärkten weltweit.
Wir Freie Demokraten Frankfurt sind stolz auf das Erreichte und bekennen uns zum Messestandort Frankfurt. Wir sind aber auch davon überzeugt, dass die Erfolge der Vergangenheit und Gegenwart eine Verpflichtung für die Zukunft sind. Deshalb halten wir es für unerlässlich, die gute Arbeit der Messe Frankfurt wertzuschätzen und auf politischer Ebene konstruktiv zu begleiten. Ob als Ort der Demokratie und Meinungsfreiheit, als Forum für Innovationen und Austausch oder als Marktplatz und Indikator für Branchenentwicklungen – unsere Messe muss auch in der Welt von morgen fest in unserer Stadt verankert sein.
MICE 2030: Frankfurt als Standort etablieren
Frankfurt muss sich im nationalen und internationalen Wettbewerb um MICE-Events (Meetings, Incentives, Conventions, Exhibitions) stärker als bisher behaupten. Unser Anspruch muss es sein, Frankfurt als wichtigsten deutschen Standort für MICE-Events zu etablieren. Dass mit der SIBOS 2025 ein internationaler Finanzkongress nach Frankfurt geholt werden konnte, ist ein wichtiger Erfolg, der Mut macht und zeigt, dass dieser Anspruch nicht verfehlt ist. Um hier anzuknüpfen, müssen Messe und Stadt stärker an einem Strang ziehen, als es bisher der Fall war.
Wir wollen konkret:
- Die Stärken des Standorts ausspielen: Die verkehrsgünstige Lage ermöglicht Veranstaltern eine effiziente Durchführung mit kurzen Wegen. Das umfasst sowohl die Anreise aus dem europäischen und internationalen Ausland als auch den Transfer zwischen Übernachtungsbetrieben und Veranstaltungsorten in Stadt und Region. Ein Gesamtverkehrskonzept, das sämtliche Verkehrsträger und Verkehrsströme optimal miteinander vernetzt sowie schnelle und effiziente Erreichbarkeit sicherstellt, ist dringend erforderlich.
- Frankfurt als Standort für „Bleisure“ (Business + Leisure) auf die Landkarte setzen: Wir wollen Anreize schaffen, um Veranstaltungsbesucher zu privaten Verlängerungsaufenthalten zu bewegen. Unsere Stadt und Region haben mehr zu bieten als Hotels und Veranstaltungsräume – dies gilt es gemeinsam zu kommunizieren.
- Die vorhandene Infrastruktur auslasten: Neben Messehallen verfügt Frankfurt über zahlreiche Konferenzsäle, Konzert- und Veranstaltungsflächen, die sich für Events jeder Größenordnung eignen. Wer eine Veranstaltung plant, muss an einer zentralen Stelle erfahren können, welche Möglichkeiten der Standort bietet. Wir wollen keinen Event mehr verlieren, weil Veranstalter nicht wussten, welche Optionen ihnen zur Verfügung gestanden hätten.
- Ein Zeichen für die Vielfalt setzen und den Standort resilienter aufstellen: Die Abhängigkeit von einzelnen Großveranstaltungen wie der IAA sinkt, je mehr kleine, mittlere und große MICE-Events in Frankfurt stattfinden und je besser sie sich über den Veranstaltungskalender verteilen. Jeder Event ist in unserer Stadt wichtig und willkommen – vom Workshop bis zur Weltleitmesse.
- Die Umwegrendite abschöpfen: Ein Messegast gibt bei seinem Aufenthalt durchschnittlich rund 600 Euro aus. Dieses Geld kommt über Beherbergungsbetriebe, Gastwirtschaft, Einzelhandel oder Taxi- und Transportbetriebe direkt den Frankfurter Gewerbetreibenden zugute. Dies sorgt mittelbar für städtische Einnahmen und trägt unseren Wohlstand.
- Das Denken im regionalen Verbund stärken: Im europäischen Wettbewerb spielt nicht Frankfurt gegen Offenbach, sondern der Großraum Frankfurt-Rhein-Main gegen Greater London, die Île-de-France und BeNeLux sowie Metropolregionen wie Barcelona, Rom, Warschau oder Kopenhagen. Das gilt insbesondere für Events und damit in Verbindung stehende Aufenthalte.
Publikumsmessen als Besuchermagnet stärken
Industrie- und Fachbesuchermessen stehen vor großen Herausforderungen. Seit einigen Jahren sinkt die Bereitschaft von Betrieben, Mitarbeiter während der Arbeitszeit für Messebesuche freizustellen. Angestellte wiederum zeigen immer weniger Interesse, arbeitsbezogene Messebesuche nach Feierabend oder am Wochenende wahrzunehmen. Auf Ausstellerseite sorgt die zunehmende Bedeutung des unternehmensinternen Controllings für Kostendisziplin bei Messeständen, was sich in weniger spektakulären Auftritten niederschlägt und die sinkende Sogwirkung zusätzlich treibt. Im Ergebnis kämpfen Industriemessen bereits seit längerem mit sinkenden Besucherzahlen – dieser Trend hat sich über die Pandemiejahre deutlich verschärft. Publikumsmessen mit starkem Eventcharakter (z.B. Gamescom, FIBO, Retro Classic, Comic Con, Christmasworld) und Publikumstage bei Fachmessen (z.B. Frankfurter Buchmesse) zeigen bundesweit und international einen gegenläufigen Trend. Das Gelände der Messe Frankfurt bietet hervorragende Bedingungen, um diesen Trend zu nutzen. Denn der Nachteil der mehrgeschossigen Bauweise der Messehallen in Hinblick auf schwere und großvolumige Industriemaschinen verkehrt sich in einen Vorteil bei Publikumsveranstaltungen: Die zentrale Lage in der Stadt mit guter Anbindung an Straßenverkehr und ÖPNV ermöglicht es, große Besucherströme effizient an das Gelände heran- und wieder abzuführen. Kurze Wege zwischen den Hallen und Stockwerken wiederum erlauben selbst dann einen intensiven Messebesuch, wenn für diesen nur wenige Stunden zur Verfügung stehen. Auch im Sinne einer Diversifizierung des Messeangebots halten wir es deshalb für strategisch sinnvoll, das Portfolio starker Industrie- und Fachbesuchermessen künftig gezielt um attraktive Publikumsmessen zu erweitern. Dabei können sowohl Eigenveranstaltungen etabliert als auch Gastveranstaltungen angeworben werden.
Die Messestadt Frankfurt leben
Als Hauptgesellschafter der Messe Frankfurt trägt die Stadt eine besondere Verantwortung für den Messestandort als solchen. Aber auch die Messe trägt eine Verantwortung gegenüber der Stadt.
Wir wollen konkret:
- Den Dialog intensivieren: Der Austausch zwischen Messe und Stadtpolitik muss zu einer Priorität werden. Angesichts der großen Bedeutung des Unternehmens für den Standort ist es nicht akzeptabel, wenn sich Gespräche auf gelegentliche Begegnungen im Aufsichtsrat oder Vertragsverhandlungen beschränken. Wir erwarten, dass Stadtverordnete und Magistratsvertreter unsere Messe regelmäßig dabei unterstützen, attraktive Veranstaltungen nach Frankfurt zu holen bzw. in Frankfurt zu halten. Das schließt begleitendes Engagement der Stadt mit Aktivitäten rund um wichtige Messetage, Tagungen und Kongresse notwendigerweise ein.
- Die Einbindung in die Stadtgesellschaft verbessern: Im Gegenzug zum verstärkten Zugehen der Stadt auf die Messe Frankfurt erwarten wir einen partnerschaftlichen und konstruktiven Austausch der Messe mit Vertretern der Frankfurter Zivilgesellschaft und insbesondere ihren räumlichen Nachbarn (z.B. Ortsbeiräte, Wirtschaftsunternehmen, Jüdische Gemeinde). Messen sollten nicht nur ein Ort der Begegnung und des Austauschs für ihre Aussteller und Besucher sein, sondern auch Wirtschaft, Gesellschaft und Politik vor Ort in gemeinsamen Aktivitäten und regelmäßigen Austausch einbinden.
- Die Messe Frankfurt zu einem Ermöglicher aufbauen: Nicht jede Veranstaltung eignet sich direkt für eine Messehalle, viele Events mit großem Potenzial starten zunächst in einem kleinen Rahmen. Mit ihrem Know-how sollte die Messe Frankfurter Veranstalter bei Bedarf unterstützen, zukunftsträchtige Events aufzusetzen und zu skalieren – mit dem Ziel, die Veranstaltungen bei entsprechendem Wachstum auf das Messegelände zu holen und dort fest zu etablieren.
- Verkaufsoffene Sonntage: Während großer Publikumsmessen sind verkaufsoffene Sonntage im gesamten Stadtgebiet zu ermöglichen. Das erhöht den Zusammenhalt zwischen Messe, Stadt und Bürgerschaft. Die FDP setzt sich auf städtischer und landespolitischer Ebene dafür ein, die rechtlichen Bedingungen hierfür zu schaffen.
- Eigen- und Gastveranstaltungen in der Stadt sichtbar machen: Bereits am Flughafen oder am Hauptbahnhof sollen Messen und Kongresse sichtbar werden. Aussteller und Messebesucher sollen auf den ersten Blick erkennen, dass sie in ihrer Messestadt angekommen sind. Hier ist einerseits die Stadt gefordert, entsprechende Flächen bereitzustellen. Andererseits erwarten wir von Stadt und Messe das Zugehen auf Fraport und die Deutsche Bahn, um entsprechende Kooperationen anzustoßen. Grundsätzlich sollte wie in anderen Messestädten in allen wesentlichen Bereichen der Stadt wahrnehmbar sein, welche Großveranstaltungen gerade stattfinden – Plakatständer, Litfaßsäulen, Straßenbahnen und andere Kanäle sollten Messe- und Kongressveranstaltern angeboten werden.
- Gastmessen und ihre Veranstalter an Frankfurt binden: Die Erfahrungen, die Gastmessen-Veranstalter wie beispielsweise der VDA mit der IAA in Frankfurt gemacht haben, waren nicht immer positiv. Die gesamte Stadtpolitik ist gefordert, den Messestandort zu stärken und Gastmessen in Frankfurt zu halten.
- Aus Erfahrungen lernen: Die Großmannssucht des ehemaligen OB und seinen Vertrauten sorgte dafür, dass eine Frankfurt Fashion Week als politisch getriebene Veranstaltung etabliert wurde, obwohl sie sich in ihrer konkreten Form nie tragen konnte. Wir Freie Demokraten wollen deshalb wieder Klarheit in den Aufgaben schaffen: Es ist weder Aufgabe noch Kernkompetenz von Stadt oder Wirtschaftsförderung, Messen gleich welcher Art zu veranstalten. Ihre Aufgabe liegt darin Rahmenbedingungen zu schaffen, die es privaten Initiatoren ermöglichen, entsprechende Veranstaltungen durchzuführen.
Verstärkt in den internationalen Wettbewerb eintreten
Die Messe Frankfurt führt sehr erfolgreich Messen im Ausland durch und verfügt über ein attraktives und sehr gut aufgestelltes Produkt- und Markenportfolio. Damit trägt sie zur Internationalität und Diversifizierung des Unternehmens bei und beweist regelmäßig ein sehr gutes Gespür für die Weiterentwicklung der Aktivitäten – sowohl im In- als auch im Ausland.
Um die Attraktivität Frankfurts und des Messestandorts insgesamt zu fördern, muss Frankfurt im Wettbewerb um neue Gastveranstaltungen mithalten können. Messe und Stadt sollten gemeinsam und aktiv um neue Gastveranstaltungen – Messen und Kongresse – werben. Hierfür muss die Stadt die notwendigen Mittel im Haushalt bereitstellen bzw. Haushaltsmittel so umschichten, dass Messe und Stadt gemeinsam neue Veranstaltungen nach Frankfurt holen können.