Stadtentwicklung und Bauen Westend/Bockenheim
In Frankfurt fehlen fast 40.000 Wohnungen, um den heutigen Bedarf nach Wohnraum zu decken. Die zu erwartende Nachfrage wird laut Prognosen in den kommenden Jahren weiter steigen. Frankfurt muss mit einer ambitionierten Ausweitung und Beschleunigung von Wohnbauprojekten reagieren. Auch Industrie und Gewerbe brauchen attraktive Standorte im Stadtgebiet.
I. Nachverdichtung im Bestand, Umwidmung und Weiterentwicklung der bestehenden Siedlungen
Frankfurt ist geprägt von zahlreichen Siedlungen der 1950er Jahre in Zeilenbauweise. Auch in Bockenheim wurden unmittelbar nach dem Krieg und bis in die 1970er Jahre Siedlungen in Reihenbauweise errichtet. Aus heutiger Perspektive sind sie in städtebaulicher Hinsicht eine Herausforderung. Einerseits müssen diese Siedlungen energetisch erneuert werden, andererseits bietet ihre bauliche Substanz genügend Möglichkeiten für eine verträgliche Nachverdichtung, zum Beispiel durch Blockrandbebauung.
Das Westend und Bockenheim sollen höher bebaut werden. Die FDP will grundsätzlich eine größere Anzahl von Geschossen fördern, damit mit dem knappen Raum effizienter umgegangen wird und Grünflächen unbebaut bleiben können. Lückenschließung und Ersatzneubauten werden dazu führen, dass nach Schätzungen des Stadtplanungsamts zusätzlich bis zu 19.000 Wohnungen erbaut werden können.
Wir sind davon überzeugt, dass dadurch die Wohn- und Freiraumqualität nicht leidet; vielmehr werden verdichtete Stadtteile attraktiver werden, weil sie eine höhere Urbanität aufweisen.
Eine konzeptionelle Aufarbeitung dieser Siedlungen und eine Neuausrichtung von Konversionsflächen aus ehemaliger industrieller und militärischer Nutzung wird einen enormen Beitrag zur Schaffung von attraktivem Lebensraum leisten. Vor allem die Planungen müssen schneller von der Stadtverwaltung genehmigt werden. Verwaltungsprozesse müssen vereinfacht und digitalisiert werden.
Die Schaffung und der Bestand von Mikrofreiräumen in direkter Nachbarschaft zu nachverdichteten Quartieren und in unmittelbarer Nähe der Wohnungen sind wichtige Elemente einer lebenswerten Stadt. Insbesondere Freiräume mit Aufenthaltsqualität und Marktplatzatmosphäre dienen der Akzeptanz der betroffenen Wohnbevölkerung. Die Auflockerung dient der Qualität des Quartiers. Darüber hinaus wirkt das städtische Grün beruhigend und erhöht damit die Wohnqualität auch für das bisherige Quartier enorm.
II. Konversionsprojekt Schönhofviertel
Ein gelungenes Konversionsprojekt ist das Schönhofviertel in Rödelheim, das an Bockenheim und die City-West angrenzt. Da die Nahverkehrsanbindung an S- und U-Bahn im Wesentlichen aus den Stadtteilen Bockenheim und City West besteht, muss der Nahverkehr von dort aus so ausgebaut werden, dass die Verkehrsbelastung durch den neuen Stadtteil in Bockenheim und City West in einem überschaubaren Rahmen gehalten wird.
Der Bau einer Unterführung Birkenweg-Solmsstraße unterhalb der S-Bahnlinie Richtung Westbahnhof und die fußläufige Anbindung der Kasernenstraße an den Westbahnhof müssen von der Stadt Frankfurt und der Deutschen Bahn genehmigt und schnellstmöglich realisiert werden.
Die Unterführung Birkenweg-Solmsstraße – An der Dammheide muss durch Straßenbahn erschlossen werden. Ein Anschluss an die Linie 17 – Hamburger Allee, City-West, Rebstockbad – ist notwendig. Dies erhöht auch die Redundanz und Betriebssicherheit im VGF-Schienennetz im Falle von betriebsbedingten Umleitungen.
III. Gewerbeflächen
Gewerbeflächen müssen in Frankfurt in ausreichendem Maße ausgewiesen werden. Dabei ist auf einen möglichst geringen Flächenverbrauch zu achten. Einstöckige Supermarktfilialen beispielsweise, die einen erheblichen Flächenverbrauch haben, sind nicht mehr zeitgemäß. Märkte mit integrierten Parkhäusern sind vorzuziehen, insbesondere wenn sie in die Wohnbebauung integriert sind.
Auch bei Gewerbegebieten sollte auf eine hohe Qualität der Flächennutzung geachtet werden. Das Messegelände ist für die Frankfurter Wirtschaft wichtig. Hier sollte ausreichend Platz reserviert werden, um der Messe ausreichend Raum für die Ansiedlung von messeverbundenen Unternehmen zu geben.
Auch kleine und mittlere Unternehmen, wie Handwerker oder Kleinbetriebe, müssen in unserem Bezirk berücksichtigt werden. Flächen für Ladengeschäfte und gastronomische Einrichtungen müssen zur Verfügung stehen.
Durch die Gastronomie bleiben die Innenstadt und die Kernbereiche in den Stadtteilen, wie Leipziger Straße, Grüneburgweg, Voltastraße und andere, trotz der Umstrukturierung des Einzelhandels attraktiv.
IV. Langzeitprojekt Kultur Campus Bockenheimer Warte
Der Kulturcampus Bockenheim muss deutlich schneller realisiert werden. Das Land Hessen und die Stadt Frankfurt sollen sich hierzu besser und schneller koordinieren.
Sobald der Kulturcampus Bockenheim als Kulturviertel etabliert ist, ist es denkbar, dass eine Bildungsmagistrale zwischen dem Universitätsviertel auf dem Campus Westend und Bockenheim geschaffen wird.
V. Neue und alte Freiflächen
Neue Lärmschutzkonzepte und intelligente Verkehrslösungen lassen auch die Nutzung aktueller Freiflächen für die Parkplätze der Messe sinnvoll erscheinen. So können zum Beispiel intelligent gesteuerte Parkhäuser, die in hohe Gebäude integriert sind, viel Platz gewinnen, ohne auf Lebensqualität oder Grünflächen zu verzichten.
Gerade im Westend können auch innovative Bauprojekte entwickelt werden. Aufgrund der attraktiven Lage und der hohen Grundstückspreise sind auch hier vertikale Begrünungen an den Hochhäusern möglich, wie z.B. der Bosco Verticale Tower in Mailand oder der Penda’s Residential Tower in Tel Aviv, die sich positiv auf das gesamte Stadtklima und die Verkehrsinfrastruktur auswirken können. Dies bietet einen attraktiven städtebaulichen Aspekt in Bezug auf den nahe gelegenen Grüneburgpark und den Universitätscampus.
VI. Klimagünstige Gestaltung des öffentlichen Raums
Öffentliche Plätze, schattige Arkaden, Plätze mit Sonnensegeln, kühlende Brunnen sind wichtige Aufenthaltsorte in der Stadt. Sie dienen dem sozialen Zusammenleben als auch dem Ausgleich des Stadtklimas. Es ist wichtig in Zeiten steigender Temperaturen im Sommer schattige Plätze anzubieten, dieses kann durch Baumpflanzungen und zugehörigen Zisternen zur Rückhaltung von Regenwasser für Hitzetage geschehen. Eine intensive Dachbegrünung und Fassadenbegrünung ist empfehlenswert, um im Sommer ein angenehmes Klima zu schaffen, und im Winter die Aufenthaltsqualität auf Plätzen zu erhöhen. Dazu dienen auch Mikrofreiflächen in den Wohnquartieren.
VII. Öffentliche und private Grünflächen, Parkanlagen, Grüngürtel
Die Erhöhung des Grünanteils in der Stadt soll durch die Begrünung von Freiflächen, Straßenbahntrassen und Rasenstreifen entlang der Hauptstraßen erreicht werden. Dadurch wird auch die Feinstaubbelastung durch Reifen- und Schienenabrieb verringert. Damit einher geht eine Verbesserung der Luftqualität in unmittelbarer Nähe des Allee- und Anlagenrings.
Bockenheim, Rebstock und das Westend sind Teil des Grüngürtels der Stadt Frankfurt. Es ist wichtig, ein Bewässerungskonzept für den Grüngürtel zu entwickeln; die vorhandenen Flussläufe wurden bisher zur Entwässerung der Stadt genutzt, insbesondere im Bereich der Nidda.
Bewässerungskonzepte müssen grundlegend überprüft werden; in den Parks müssen auch Rückhaltebereiche für Wasser vorgesehen werden. Frankfurt braucht ein Bewässerungsmanagement.
Aufgrund der langen Dürreperioden der letzten Jahre sollten junge Bäume bis zum siebten Jahr bewässert werden. Zu diesem Zweck werden Wassersäcke verwendet, die gut gefüllt auf die Baumstämme gelegt werden und ihr Wasser dann über einen längeren Zeitraum tropfenweise direkt in den Wurzelraum der jungen Bäume abgeben. Vereine, Initiativen und Gruppen, die sich für das öffentliche Grün engagieren, können als Baumpaten vom Wasserversorger mit Standrohren zur Bewässerung der Bäume unterstützt werden.
In den letzten Jahren wurde der Baumbestand durch Dürre geschwächt. Die städtische Vegetation muss in den kommenden Jahrzehnten an ein sich erwärmendes Klima angepasst werden. Nach Ansicht der FDP sollte der Niddapark aufgeforstet werden. Ziel muss eine Verdoppelung des heutigen Baumbestandes sein, ohne den Charakter des Parkgebietes zu verlieren. Auch die Flächen für Streuobstwiesen und die Revitalisierung von Auenbereichen der Nidda und des Sulzbaches in Höchst sollten in Betracht gezogen werden. Dies sind wichtige Rückzugs- und Erholungsgebiete für Tier und Mensch. Sie bieten Lebens- und Erholungsqualität in einem stadtnahen Naturraum.
Vorgärten sollten möglichst gärtnerisch mit Pflanzen gestaltet werden.
VIII. Intelligente Vernetzung der Stadt — Smart City.
Die zunehmende Vernetzung der digitalen Infrastruktur in der Stadt wird es ermöglichen, eine neue Lebens-, Wirtschafts- und Wohnqualität zu erreichen. Es wird ein neues Gleichgewicht geschaffen, das
- die Lebensqualität und Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger verbessert,
- die Nutzung von endlichen Ressourcen verringert und die Nutzung erneuerbarer Ressourcen etabliert,
- die Daseinsvorsorge langfristig sichert und optimiert,
- die Überlebens-, Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit (Resilienz) im Siedlungsraum stärkt,
- eine transparente Entscheidungskultur und Wissensgesellschaft schafft,
- die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes dauerhaft erhält oder erhöht.
Grundlegend dafür sind eine gut entwickelte IT-Infrastruktur auf Glasfaserbasis, ausgewiesene Standorte für 5G-Mobilfunkstationen, ein adäquates Netzwerk von Sensoren und Aktoren in städtischen Gebieten, energieneutrale Datenzentren und Infrastruktur sowie ein offener, diskriminierungsfreier Zugang zu allen Systemen und wesentlichen öffentlichen Daten.
- Sensoren können die Luft- und Umweltqualität erfassen, Bewässerungssysteme überwachen und den Transportbedarf messen.
- Rechenzentren können Bewässerungssysteme steuern, Mobilitätssysteme und Parkplätze in Nachbarschaftsgaragen verwalten und zuweisen, Heizung und Klimaanlagen gebäudeübergreifend steuern, intelligente Häuser zum Wohle der Bewohner miteinander verbinden.
- Aktoren können Beleuchtung und Bewässerung schalten, Mobilitäts-, Ver- und Entsorgungssysteme steuern, den Zugang verwalten, Sicherheit durch Verhinderung von Diebstahl und Betrug gewährleisten.
Smart City bedeutet eine Verdichtung der Stadtnutzung durch verbesserte öffentliche Verkehrssysteme und eine intelligente Zuweisung der Verkehrssysteme sowie die Beseitigung des Parkplatzproblems, das Management der Mikromobilität und die Allgegenwart der kollektiver Mobilitätsmittel im Sinne einer Sharing Economy (Car Sharing).
Um dies zu erreichen, muss auch die elektrische Infrastruktur erneuert werden, mit zusätzlichen Stromtankstellen, intelligenten Stromsystemen wie Solaranlagen auf Dächern und Fassaden und Energierückgewinnungssystemen.
Supraleitende elektrische Leitungen beispielsweise im Verteilungsnetz der Stadt München ermöglichen eine geringere Bebauungsdichte elektrischer Anlagen und verbessern damit die Sicherheit der Energieversorgung. Dies muss auch in Frankfurt im Hinblick auf Elektromobilität und innerstädtische Stromkreise umgesetzt werden.
Es handelt sich hier um ein umfassendes Konzept für die Stadtteile Bockenheim, Westend, City-West und Rebstock. Sie decken aber auch Teile der gesamten Stadt Frankfurt ab, zum Beispiel wenn sie das Thema Smart City behandeln.
Insgesamt bietet dieses Konzept ein innovatives Rahmenprogramm für die kommenden Jahre. Viele Projekte erscheinen heute noch undenkbar oder zu innovativ.
Lange Planungszeiträume für große Projekte, wie Infrastruktur- und Energieanlagen, erfordern langfristiges Denken.