Frankfurts Chancen nach dem Brexit
Wir Freie Demokraten sind überzeugte Europäer. Daher mussten wir mit Bedauern zur Kenntnis nehmen, dass Großbritannien sich für einen Austritt aus der Europäischen Union entschieden hat. Wir Freie Demokraten sind aber auch überzeugte Optimisten. In jeder Niederlage sehen wir gleichzeitig Chancen. Der Brexit kann für Frankfurt am Main neue Möglichkeiten an Wachstum und Dynamik bedeuten. Wir stellen fest, dass viele Unternehmen, insbesondere aus der Finanzbranche, die heute noch in London ansässig sind, sich einen Sitz innerhalb der Europäischen Union wünschen, um so einen besseren Zugang zu diesem Wirtschaftsraum zu haben. Wir Freie Demokraten wünschen uns, dass diese Unternehmen nach Frankfurt kommen.
Frankfurt am Main ist jedoch nicht die einzige Stadt innerhalb der EU, die attraktive Standortbedingungen für Finanzinstitute und ihre Mitarbeiter bietet. So werben insbesondere Paris (zentrale Entscheidungskompetenz), Amsterdam (hohe Lebensqualität) und Dublin (Englisch als Alltagssprache) um diese Zielgruppe. Wir Freie Demokraten sind davon überzeugt, dass Frankfurt diesem Wettbewerb der Städte standhalten kann. Leider stellen wir aber auch fest, dass die vielen Standortvorteile der Stadt im Ausland nicht offensiv genug kommuniziert werden. Daher fordern wir konkret:
– eine nationale Initiative, die ein einheitliches Werbekonzept ausarbeitet und als zentraler Ansprechpartner dient
- Wir sind davon überzeugt, dass nicht nur die Stadt und das Land, sondern auch die Bundesrepublik stark von einer Umsiedlung der in London ansässigen Unternehmen profitieren würde. Daher wird die Bundesregierung dazu aufgefordert, sich in mit der Stadt und dem Land abgestimmter Weise gezielt für Frankfurt einzusetzen.
- Von einem internationaleren Finanzplatz Frankfurt würden außer der Politik auch viele weitere Akteure profitieren. Sie können z.B. auf ein größeres Angebot an hochqualifizierten Arbeitnehmern zurückgreifen. Daher sollen die Europäische Zentralbank, die Deutsche Börse, der Bankenverband, etc. stärker in die Pflicht genommen werden und eine wesentliche Rolle innerhalb der nationalen Initiative spielen.
- Für uns Freie Demokraten ist es wichtig, dass nicht nur große Konzerne aus dem Brexit Nutzen ziehen, sondern auch kleine und mittlere Unternehmen einen Vorteil haben.
- die Etablierung der Werbemarke „Weltstadt Frankfurt“
- Frankfurt ist nicht nur die Europastadt, sondern zugleich auch die internationalste und weltoffenste Stadt Deutschlands. Das wissen nicht nur die Bürger, das zeigen auch sämtliche Erhebungen von renommierten Forschungsinstituten wie „Globalization and World Cities Research Network (GaWC)“, „Global City Competitiveness Index“ oder „World City Survey“. Allerdings sind diese Fakten vielen Menschen im In- und Ausland nicht bekannt. Meist wird eher das Bild einer grauen, kulturlosen Provinzstadt vermittelt. Daher soll eine langjährig und selbstbewusst angelegte Kampagne das Image ändern.
- Die Kampagne soll die internationale Ausrichtung bei gleichzeitigem regionalem Bezug betonen. Die Skyline, der Flughafen oder die Messe sollen symbolhaft für den Großstadtcharakter und das Tor zur Welt stehen. Die kulturelle Vielseitigkeit wird durch die breite Kulturszene und vielfältige Bildungseinrichtungen, Möglichkeiten der Freizeitgestaltung oder regionaltypische Events, wie das Grüne Soße Festival betont.
- Ein immer wichtiger werdender Aspekt des urbanen Lebens stellt die Lebensqualität dar. Die arbeitende Gesellschaft wünscht sich immer mehr die Stadt als Naherholungsgebiet. Wir sind davon überzeugt, dass Frankfurt bereits heute eine Grüne Metropole mit kurzen Fußwegen ist. Mit dieser Eigenschaft kann die Stadt im internationalen Wettbewerb punkten. Mehr noch soll das vielfältige und dichte Gesundheits- und Erholungsangebot der Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main in den Vordergrund gestellt werden.
- bessere Rahmenbedingungen für Gewerbeansiedlung
- Wenn Unternehmen sich dazu entscheiden, ihren Standort von einem Land in ein anderes zu verlagern, dann müssen bestimmte Rahmenbedingungen einfach gegeben sein. Dazu gehört neben Rechtssicherheit vor allem eine schlanke Bürokratie. Daher fordern wir die Stadt Frankfurt auf, sämtliche Verwaltungsschritte kritisch auf Effizienz und Umsetzungsdauer zu überprüfen.
- Einen großen Kostenblock eines jeden Unternehmens bilden die Räumlichkeiten. Zwar sind Frankfurter Preise für Gewerbeimmobilien in Deutschland vergleichsweise hoch, doch international gesehen sind sie verhältnismäßig gering. Damit das so bleibt, muss der Hochhausentwicklungsplan von 2008 überarbeitet werden.
- Subventionen lehnen Freie Demokraten strikt ab. Wir sind davon überzeugt, dass die Stadt sich mit ihren Standortbedingungen im internationalen Wettbewerb gut positionieren kann. Unternehmen und Menschen sollen sich wegen der Rechtssicherheit und der hohen Lebensqualität für Frankfurt entscheiden. Finanzielle und steuerliche Anreize sind für uns nicht nachhaltig und verzerren unnötig den Wettbewerb.
- Frankfurter, die für ihre Unternehmensgründung eine britische Rechtsform gewählt haben, sind beim Wegfall der Freizügigkeit zu beraten und beim Übergang in deutsche Rechtsformen zu unterstützen.
Wenn Menschen aus anderen Ländern nach Frankfurt kommen, dann wollen sie hier nicht nur arbeiten, sondern auch leben. Unser Ziel ist es, dass Menschen sich in unserer Metropole wohl fühlen und gerne hier längere Zeit wohnen bleiben. Daher muss in Frankfurt eine Kultur des Willkommens gelebt werden. Dazu fordern wir konkret:
- das Leben von Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, möglichst einfach zu gestalten
- Um Menschen, die nur vorübergehend in Frankfurt leben, trotzdem eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, müssen die Verwaltungsformalien auch ohne fundierte Deutschkenntnisse bewältigt werden können. Dazu ist es unabdingbar, dass Englisch als zweite Verwaltungssprache in Frankfurt eingeführt wird. Alle wesentlichen Dokumente, Formulare und städtische Veröffentlichungen müssen neben Deutsch auch auf Englisch veröffentlicht werden.
- Alle städtischen Gesellschaften sollen ein umfassendes Internetangebot auf Englisch anbieten. Bei Verträgen mit städtischen Gesellschaften, wie z.B. Versorgern, sollen bei entsprechender Kennzeichnung alle Rechnungen, AGBs und gegebenenfalls sogar Verträge auf Englisch ausgestellt werden. Genauso sollen Stellenangebote, die nicht zwingend die deutsche Sprache für die Tätigkeit an sich voraussetzen, auf Englisch ausgeschrieben werden.
- Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen wird dazu aufgefordert, das Niederlassungsverbot in Frankfurt für diejenigen Ärzte aufzuheben, die ihre Versorgungsdienste in einer weiteren als der deutschen Sprache anbieten.
- Möglichkeiten für Familienangehörige anbieten
- Nicht alle Menschen arbeiten im Finanzsektor. Oft hängt die Entscheidung darüber, ob jemand in eine fremde Stadt oder in ein fremdes Land umzieht, davon ab, ob der Lebenspartner ebenfalls eine Beschäftigung vor Ort finden kann. Daher fordern wir im Rahmen der Image-Kampagne „Europastadt Frankfurt“ eine Betonung der Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main als vielfältigen Arbeitsstandort. Es soll deutlich werden, dass es in Frankfurt und Umgebung zahlreiche hochklassige Arbeitsplätze bei Weltmarktführern in Bereichen Forschung, Chemie, Informations- und Kommunikationstechnologie, Gesundheit, Kreativ- und Medienwirtschaft, etc. gibt.
- Die Europäische Gemeinschaft wird aufgefordert, die Europäische Schule Frankfurt am Main auszubauen und so die Kapazität für Kinder der in Europäischen Institutionen arbeitenden Eltern zu erhöhen. An anderen städtischen Schulen soll das Angebot an bilingualem Unterricht ausgeweitet werden. Nur so kann ausländischen Kindern eine gute Schulbildung ermöglicht werden, ohne dass sie aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse Schuljahre wiederholen müssen. Des Weiteren sollen vermehrt ausländische Abschlüsse, wie z.B. das französische Baccalauréat, in Frankfurt gemacht werden können.
- Freie Demokraten möchten, dass sich hinzugezogene Menschen in Frankfurt wohlfühlen und sich gerne integrieren. Es soll vermieden werden, dass sie nur in ihrer Herkunftsgemeinschaft bleiben. Damit die Schwelle zum Austausch möglichst niedrig wird, muss in der Frankfurter Gesellschaft auch ein Verständnis für die unterschiedlichen Kulturkreise entstehen. Das kann man zwar sicherlich nicht erzwingen, aber jedoch fördern. Das setzt voraus, dass Frankfurter Internationalität nicht nur in den Großkonzernen, sondern auch im Kleinen gelebt wird. Dazu ist mehr Austausch mit Menschen im Ausland notwendig. Frankfurt am Main verfügt zurzeit über 17 Partnerstädte. Die Verantwortlichen für diese Städtepartnerschaften werden aufgefordert, ein Gesamtkonzept für mehr Präsenz zu erstellen und jährlich einen Rechenschaftsbericht zu erstellen. Der Schwerpunkt der Städtepartnerschaften soll auf den Austausch zwischen jungen Menschen gelegt werden. Jeder interessierte Schüler in Frankfurt soll im Laufe seiner Schullaufbahn die Möglichkeit für die Teilnahme an einem 4 – 6-wöchigen gegenseitigem Schüleraustausch bekommen. Nur durch das aktive Erleben kann Verständnis über anderer Kulturen und Sprachkompetenz nachhaltig gefördert werden. Des Weiteren wird aus Anlass des Europatags am 9. Mai in Deutschland die Europawoche durchgeführt. Das Stadtmarketing wird zusammen mit der Europäischen Zentralbank aufgefordert, diese Woche stärker in die Öffentlichkeit zu bringen. Auch hierbei sind die Partnerstädte aktiv ein zu binden.
Den Freien Demokraten ist bewusst, dass mit mehr Einwohnern höhere Anforderungen an die Stadt gestellt werden. Viele Bürger Frankfurts haben Zweifel, ob die Ansiedlung von Unternehmen aus London und der Zuzug von Neubürgern für sie einen persönlichen Vorteil bringen. Sie befürchten eher, ihre Teilhabe an der Stadt zu verlieren. Diese Sorgen nehmen wir ernst. Daher müssen für bevorstehende Probleme heute schon Lösungen angeboten werden. Konkret fordern wir:
- den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur
- Für Freie Demokraten sind alle Verkehrsträger gleichwertig. Egal, ob es sich um motorisierten Individualverkehr, ÖPNV, Fahrrad oder Fußwege handelt, alle Möglichkeiten sollen jedem Menschen und seinen individuellen Bedürfnissen offen stehen. Ein Gesamtkonzept für die Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main soll kontinuierlich verbessert werden. Ziel ist es, dass Fahrwege und Fahrzeiten verkürzt werden. Für uns bedeutet das u.a. einen Ausbau der Bundesautobahnen für den Autoverkehr, den Bau eines zweiten City-Tunnels, die Installation von Fahrrad-Highways in der Innenstadt und eine bekennende Unterstützung zur Erweiterung des Flughafens.
- einen freien Immobilienmarkt
- Freie Demokraten sind davon überzeugt, dass Mietpreisbremsen, Milieuschutzsatzungen, überzogene Bauvorschiften, Stellplatzsatzungen, etc. mittelfristig Wohnraum nur verteuern. Daher setzen wir uns für einen freien Immobilienmarkt ein, der auf steigende Nachfrage allokationseffizient reagieren kann. Dies kann neben der Ausweisung von neuen Wohnbauflächen z.B. durch Umwandlung von Gewerbe- in Wohnflächen, Nachverdichtung oder mit neuen Wohnarten (Wohnen auf Wasser, shared living, etc.) erfolgen. Frankfurt muss aber weiterhin sicherstellen, dass Studentenwohnungen für unsere Studenten bezahlbar bleiben. Die unbefriedigende Wohnungssituation kann jedoch nicht von Frankfurt allein gemildert werden. Die Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main muss gerade beim Wohnungsmarkt als Ganzes gesehen werden. Daher fordern wir unsere Nachbarkommunen auf, mehr Bauland auszuweisen auf die Schließung von Baulücken hinzuwirken.