Frankfurter Erklärung zur Netzpolitik
Präambel
Frankfurt ist für das Internet ein bedeutender Knotenpunkt. Einer der weltweit größten kommerziellen Internet-Knoten ist der DE-CIX Backbone in Frankfurt. Verschiedene Online- Dienste im Rhein-Main Gebiet haben die Internetwirtschaft Deutschlands geprägt. Banken und Finanzdienstleister sind heute für die Erbringung ihrer Dienstleistungen auf das weltweite Datennetz zwingend angewiesen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu bewahren.
Für die FDP steht fest: Frankfurt ist sowohl Motor als auch Nutznießer der Internetwirtschaft. Die FDP steht für eine technologieneutrale, zukunftsoffene und werteorientierte Netzpolitik. Den netzpolitischen Positionen liegt ein Welt- und Menschenbild zu Grunde, das auf Freiheit und verantwortungsvolle Gestaltung des Lebensumfeldes setzt. Damit setzen sich Liberale einem von wertefreien, beliebigen Ansatz ab: Wir setzen auf Freiheit in Verantwortung, Selbstbestimmung und die Einheit von Freiheit, Menschenwürde und Gerechtigkeit.
Liberale wollen den Freiheitsraum Internet schützen und gleichzeitig sich für den Schutz der Privatsphäre einsetzen. Im Spannungsfeld zwischen „freiem Netz“ und „geistigem Eigentum“ gilt es verantwortungsvoll nach Lösungen zu suchen, die den Herausforderungen der digitalen Welt gerecht werden und die berechtigen Interessen der Rechteinhaber achten.
1. Bürgerrechte im Internet stärken
- Die Frankfurter FDP begrüßt es, dass die FDP-Bundestagsfraktion die Zensurmaßnahmen (STOPP- Schilder) im Internet abgeschafft hat, die von der großen Koalition als Gesetz beschlossen wurden. Ebenso lehnt die FDP generelle Filtersysteme bei Providern und eine „three-strikes“ Regelung ab.
- Die Frankfurter FDP begrüßt es, dass die Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger die Vorratsdatenspeicherung verhindert hat und unterstützt die Alternative der sogenannten Quick- Freeze-Plus-Lösung, bei der im begründeten Verdachtsfall die bisher angefallenen und die noch entstehenden Kommunikationsdaten zur Strafverfolgung genutzt werden.
- Ein neutrales Netz mit grundsätzlicher technischer Offenheit ist Grundlage einer Vielzahl von wirtschaftlichen Aktivitäten. Die Frankfurter FDP fordert, die Netzneutralität gesetzlich festzuschreiben. Es darf keine Monopolstellungen im Netz geben, sondern alle Anbieter müssen gleichberechtigt agieren können.
2. Geistiges Eigentum schützen und Konsumenten stärken
Als Gaststadt der größten Buchmesse, der Musikmesse sowie zahlreicher weiterer wichtiger Veranstaltungen der Kreativ-Branche wie des ADC-Festival, der Effie-Verleihung und der Marken-Gala und Heimat vieler Künstler, Autoren und Musiker und deren Verlage ist gerade Frankfurt an der weiteren Modernisierung des Urheberrechts interessiert. Im Vordergrund muss dabei die Erhaltung von Rahmenbedingungen stehen, die den Urhebern eine angemessene wirtschaftliche Beteiligung an jedweder Nutzung ihrer Werke gewährleistet. Die FDP wirbt für einen gesellschaftlichen Konsens, der eine generelle „Kostenloskultur“ im Internet ablehnt. Ein „Grundrecht“ auf den kostenlosen Genuss eines bestimmten Werkes lehnt die FDP ab.
Die Ergebnisse geistiger Schaffenskraft sind Eigentum und unterliegen der grundgesetzlich verbrieften Freiheit des Eigentums in gleicher Weise wie Eigentum an Sachen. Der Schutz geistigen Eigentums insbesondere als Schutz technischer Erfindungen und Weiterentwicklungen, Marken und Kennzeichen, Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst ist ein essentieller Bestandteil der Rechtsordnung einer Wissensgesellschaft. Er sichert nicht nur kulturelle Vielfalt; er ist ein essentieller Wirtschaftsfaktor für die hochindustrialisierte und innovationsgetriebene deutsche Wirtschaft.
Wie jede Eigentumsposition gilt auch geistiges Eigentum nicht unbeschränkt. Auch geistiges Eigentum verpflichtet. Diese Verpflichtung beinhaltet jedoch kein Recht auf die Nutzung bestimmter geistiger Eigentumsrechte – es gibt kein Grundrecht auf die Nutzung bestimmter Werke. Die leichtere Verfügbarkeit und Reproduzierbarkeit insbesondere von urheberrechtlich geschützten Werken in einer digitalisierten Welt darf nicht zu einer generellen Aushöhlung des Eigentums führen.
Nach dem faktischen Scheitern von ACTA im Europäischen Parlament sieht die FDP die europäischen Institutionen – allen voran das EU-Parlament – in der Pflicht, einen neuen Anlauf für ein internationales Urheberrechtsabkommen zu starten. Ein solches Abkommen ist wichtig, um europäischen Urhebern eine angemessene Möglichkeit zu schaffen, ihre Rechte im Ausland durchzusetzen.
Die gegenüber ACTA erhobenen Bedenken sind – auch wenn sie inhaltlich oft nicht begründet waren – als Ausdruck eines verbreiteten Unwohlseins und Unverständnisses über Inhalt und Tragweite derartiger Abkommen ernst zu nehmen. Die Auseinandersetzung zeigt deutlich, wie sehr hier eine grundlegende Diskussion über die zukünftige Ausgestaltung der Rechte erforderlich ist. Eine dauerhaft funktionierende Rechtsordnung bedarf einer möglichst breiten gesellschaftlichen Akzeptanz der Regelungen.
Die FDP wirbt daher für einen intensiven und konstruktiven Dialog zwischen den Urhebern, den Verwertungsgesellschaften, den Verlagen und den Nutzergruppen, um zu einem angemessenen Ausgleich und zu allgemein akzeptierten Modellen für die Vergütung der Nutzung von Werken zu kommen. Die FDP fordert einen fairen Markt, auf dem elektronisch verfügbare Werke zur Weiterentwicklung oder für den privaten Gebrauch erworben werden können. Die bisherigen Marktplätze benachteiligen die Nutzer einseitig. Es muss möglich bleiben, legal erworbene Inhalte zur privaten Nutzung zu kopieren und zu transportieren.
Als Partei der Marktwirtschaft und des Wettbewerbs tritt die FDP dafür ein, den Blick auch im Bereich des geistigen Eigentums mehr auf wettbewerbliche Elemente zu richten. Aus dem Patentrecht stammende Gedanken, die bei bestimmten Konstellationen, in denen ein Markteintritt ohne die Nutzung bestimmter Patente überhaupt nicht möglich ist, eine Lizenzierungspflicht zu angemessenen Konditionen vorsieht, sind auch für das Urheberrecht zu bedenken. Dabei sind insbesondere die Ausnahmeregelungen (Schrankenbestimmungen) des Urheberrechts auf Anpassungsmöglichkeiten zu prüfen.
3. Netzkommunalpolitik
Auf lokaler Ebene fordert die FDP, die Möglichkeiten der Bürger online an der Entwicklung Frankfurts mitzuwirken, konsequent auszubauen. Die Frankfurter FDP fordert, dass alle von der Stadtverwaltung erzeugten Daten und Informationen möglichst als Rohdaten in maschinenlesbarer Form angeboten werden. Möglichst alle geeigneten Daten städtischer Stellen sind auf diese Weise unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsrechte einzelner zu veröffentlichen. Als Orientierung können die Informationsfreiheitsgesetze von Bund und Ländern dienen.
Software, die von Frankfurter Ämtern verwendet oder zur Entwicklung in Auftrag gegeben wird, sollte auf offene Standards aufgebaut sein. Soweit kein Sicherheitsrisiko besteht und keine Mehrkosten entstehen, sollte selbst entwickelte Software unter einer freien Lizenz im Quellcode veröffentlicht werden. Verträge über Softwarelizenzen und Wartungsverträge sind im Sinne weitestgehender Transparenz offen zulegen.